Hochwasserschutz im Oberemmental

Entwarnung dank Mini-Murgängen im Modellbau

Projektseite «Modellbauversuche von Murgängen im Oberemmental»

An einem realitätsgetreuen Modell im Massstab 1:30 untersuchten Forschende des Instituts für Siedlungsentwicklung und Infrastruktur ISI der Berner Fachhochschule BFH die Auswirkungen eines Murgangs im Rotenfluegraben im Oberemmental. Das Resultat der Versuche ist erfreulich: Die Gefährdung für Mensch, Gebäude und Infrastruktur wird als «gering» eingestuft, selbst bei einem Extremereignis. Somit sind keine baulichen Flächenschutzmassnahmen nötig.

Im Rotenfluegraben im Oberemmental ereigneten sich seit dem Jahr 2000 zwei grössere Murgänge. Die Schwellenkorporation Schangnau, die in dem betroffenen Gebiet für den Hochwasserschutz zuständig ist, wollte deshalb die Situation genauer untersuchen. Die Befürchtung: Bei einem noch grösseren Murgang könnte sich das Murgangmaterial in der Emme ansammeln und zu einer schweren Überschwemmung führen. Aus der Forschung kommt jetzt Entwarnung: «Selbst bei einem Murgang, wie er nur alle 300 Jahre vorkommt, ist die Gefährdung durch ein Hochwasser gering», hält Projektleiterin Jolanda Jenzer Althaus, Leiterin des Instituts für Siedlungsentwicklung und Infrastruktur ISI der Berner Fachhochschule BFH, fest. «Das haben unsere Versuche und die Modellierungen der GEOTEST AG gezeigt.»

Murgang im Kleinformat

Für die Versuche vermassen die Forschenden der BFH das betroffene Gebiet und bauten es im Massstab 1:30 realitätsgetreu nach. Es entstand ein Modell mit 10 Metern Länge, 4,5 Metern Breite und 2,5 Metern Höhe. Auch vom Murgangmaterial wurden Proben genommen, so dass dieses für die Versuche ebenfalls im Massstab 1:30 aus Sand, Kies und Wasser gemischt werden konnte. Dieses Gemisch wurde dann in unterschiedlich grossen Mengen in den modellierten Rotenfluegraben geschüttet. Bereits von blossem Auge konnten die Forschenden beobachten, wo die Murgänge aus dem Graben ausbrachen, wie viel Material sich im benachbarten Wald ablagerte und wie viel in die Emme getragen wurde. Lasermessgeräte und High-Speed-Kameras dienten ausserdem dazu, die Murgänge genaustens zu dokumentieren. Die gesammelten Daten nutzten die Murgangexpert*innen der GEOTEST AG für zusätzliche Computer-Modellierungen.

BFH erweitert ihre Kompetenzen

Die Versuche am eigens gebauten Modell waren die ersten ihrer Art, die an der BFH durchgeführt wurden. So konnten die Forschenden ihr Know-how und ihre Kompetenzen durch das Projekt zusätzlich erweitern und bieten Versuche an Modellbauten auch in Zukunft als Dienstleistung im Bereich Flussbau und Naturgefahren an. «Am Modell können wir nicht nur untersuchen, wie sich Murgänge verschiedener Grössen verhalten. Wir können auch die Wirksamkeit von Schutzmassnahmen überprüfen, in dem wir diese direkt in unserem Modell umsetzen», erklärt Jolanda Jenzer Althaus. Dazu gehört der Einbau von Murgangsperren oder die Anpassung des Geländes, so dass der Murgang ausbricht und dadurch an Kraft verliert. «Im Gegensatz zu einer reinen Simulation am Computer lässt sich an einem physischen Modell genauer sagen, was welchen Einfluss auf den Murgang hat», sagt die Forscherin. «Deswegen lohnt sich der Mehraufwand des Modellbaus.»

Auftraggeberin für die Versuche war die Schwellenkorporation Schangnau in Zusammenarbeit mit dem Oberingenieurkreis IV des Tiefbauamts des Kantons Bern.

Projektseite «Modellbauversuche von Murgängen im Oberemmental»

 

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